Grim Fandango Remastered: Review – Gut wie eh und je, aber nicht mehr ganz so frisch
Es gab mal eine Zeit, da konnte man Spiele von LucasArts, besonders die Adventures, nahezu ungesehen kaufen. Cover im Regal gesichtet und der Griff landete mit neunzig prozentiger Wahrscheinlichkeit bei einem Topspiel. Solch eine hohe Qualität findet man heutzutage nicht immer und zu oft vergessen wir, wie gut alte Klassiker tatsächlich waren. Doch Tim Schaefer und sein Entwicklerstudio Double Fine huldigen mit der Remastered-Version nochmals Grim Fandango und liefern damit eines der besten Adventures in einer Überarbeitung ab. Doch ob der Ausflug in die andere Welt auch heute noch funktioniert, wird unser Test zeigen.
Titel: Grim Fandango Remastered
Plattform: PC, PS4, PSV
Entwickler: LucasArts Entertainment
Publisher: Double Fine
Genre: Adventure
USK/PEGI: –
Spieler: Offline: 1 / Online: –
Release: 26.01.2015
Offizielle Seite
Tim Burton könnte es fast nicht besser machen
Hauptprotagonist Manny Calavera hat kein leichtes Leben, äh! Tot. Nicht nur das er als Reisebegleiter bzw. Ticketverkäufer Schuften muss, um seine Schuld aus dem früheren Leben zu begleichen. Nein, er hat noch nicht mal Erfolg damit, Klienten für die andere Seite zu finden, diese auf die Ewigkeit vorzubereiten und ein luxuriöses Klasse 9 Ticket an den Toten zu bringen. Noch dazu bekommt Manny ziemlichen Druck vom eigenen Chef und dieser schmierige Domino führt sicherlich auch was im Schilde. Logisch das sich irgendwann Frust bei Manny einsetzt. Demzufolge macht er einen großen Fehler, wird entlassen und plötzlich soll er auch noch Revolutionskämpfer werden. Als ob das noch immer nicht genug wäre, taucht die mysteriöse Mercedes auf, nur um kurz danach wieder zu verschwinden. Inmitten dieser abstrakten Totenwelt, entwickelt sich ein Noir-Krimi um Korruption, Verrat und Betrug.
Wer jetzt denkt ich hätte krass gespoilert, der ist auf dem Holzweg. Eines der größten Stärken in Grim Fandango ist nämlich die coole und zugleich witzige Story. Nichts ist wie es scheint, es gibt Wendungen, Überraschungen und viele schrullige Charaktere. Wenn Tim Burton ein Videospiel gemacht hätte, dann würde es mit seinem humoristisch-düsteren Stil bestimmt so aussehen.
Da qualmt der Kopf
Es ist ja nicht nur die Geschichte die begeistert. Sondern auch die vielen klamaukigen Figuren, die man einfach gern haben muss. Egal ob Mechaniker Glottis mit seinem Tuning-Wahn, die entnervte Sekretärin Eva oder Manny selbst, der oft seinen skurrilen Zynismus rausholt. Ebenso begeistern die vielen abwechslungsreichen Schauplätze. In den knapp 10 bis 15 Stunden kommen wir ganz schön herum. Da gibt es beispielsweise ein schickes Unterwelt-Cafe, einen lateinamerikanischen Karneval oder den finsteren Zauberwald. Langweilig werden die Umgebungen jedenfalls nicht. Das ist auch nötig, an einem Schauplatz hängt ihr schon mal gut und gerne 15 bis 20 Minuten. Vor allem wenn man Grim Fandango noch nie gespielt hat, wird man einen Ort nicht so schnell verlassen.
Ohnehin sollen Einsteiger gewarnt sein. Grim Fandango ist ein Adventure der alten Schule und spielt sich dementsprechend auch so. Soll heißen: Ihr müsst lange Laufwege in Kauf nehmen, es kommen Rätsel die aufeinander aufbauen und manchmal müssen Aufgaben in einer ganz bestimmten Reihenfolge gelöst werden. Nicht selten ist um die Ecke Denken ebenfalls nötig und kommt mir jetzt bloß nicht mit Logik, die spielt in Grim Fandango eine untergeordnete Rolle. Das bedeutet nicht dass der Titel unfair wäre, nur eben schräg, abgefahren und quatschig. Freilich spielt sich das Adventure deswegen auch recht störisch. Beispielsweise gibt es keine Hotspot-Anzeige für interaktive Elemente und automatische Speicherpunkte sucht man ebenso vergebens. Klar, heutzutage sind wir mehr Luxus-Funktionen gewöhnt, dafür erhält man von Grim Fandango eine große Befriedigung wenn ein schwieriges Rätsel gelöst wurde. Außerdem motiviert einem die spannende Story dermaßen weiterzuspielen, das kleinere Aussetzer in der Spiel-Mechanik dann doch nicht mehr so auffallen.
Nette Auffrischung, aber kein Remaster
Ganz ehrlich, so cool Grim Fandango für sich alleine ist, so mäßig fällt leider der Remaster-Aspekt aus. Versteht mich bitte nicht falsch, persönlich finde ich die Grafik in der Urfassung auch noch toll, da sie einfach einen zeitlosen und charmanten Stil besitzt. Allerdings, wenn schon „Remastered“ draufsteht, dann würde ich das gerne etwas deutlicher sehen. Zwar wurden sämtliche Charaktere mit besseren Texturen aufgewertet und auch die Beleuchtung ist etwas besser geworden, jedoch fällt das nur sehr dezent auf. Insbesondere weil die Polygone sich nicht erhöht haben, somit werden die Figuren leider auch in der Remastered-Umsetzung nicht detaillierter dargestellt. Manchmal wirken sogar die neuen Texturen unschärfer, weil sie für Nahaufnahmen nicht angepasst wurden. Die Gesichter der Charaktere sehen deshalb etwas Matschig aus, was besonders in den gerenderten Sequenzen auffällt. Original bleiben auch die Hintergründe, welche nach wie vor großartig aussehen, jedoch hätte es in Anbetracht der höheren Auflösungen schon mehr sein dürfen. Apropos Auflösung, Grim Fandango Remastered unterstützt zwar mehrere Optionen und bietet auch 16:9 Formate an, wobei letzteres eher suboptimal umgesetzt wurde. Das Bild wird nämlich nur gestreckt und kein bisschen skaliert. Wir raten deshalb zum normalen 4:3 Format. Als nettes Features könnt ihr die Balken im Spiel anschließend mit hübschen Hintergründen überdecken.
Es gibt allerdings auch wohltuende Änderungen. Beispielsweise die Steuerung, die nun klassisch über die Maus von statten geht. Interaktionen führt Manny nun über ein kontextsensitives Menü aus, was sich flott und angenehm bedienen lässt. Auf der anderen Seite ist das Inventar wiederum ein Krampf. Sollten mehr als 5 Gestände in den Taschen sein, und es werden definitiv mehr, verbringt ihr schon eine ordentliche Zeit damit, die ganzen Items per Mausklick oder Cursor-Tasten durchzuschalten. Wer übrigens das totale Nostalgie-Gefühl haben möchte, kann auch zur klassischen Panzersteuerung zurückgreifen, die gelinde gesagt ein Albtraum ist und nur Zwecks Neugier ausprobiert werden sollte.
Völlig überzeugend ist hingegen der Sound. Zum einen die Musik, welche extra vom Melbourne Symphony Orchestra neu eingespielt wurde. Die smoothigen Jazz- und flotten Latin-Stücke sind richtig atmosphärisch und die Auffrischung tut dem Soundtrack richtig gut. In der gleichen Qualität bewegt sich zudem die Synchronisation,. Egal welcher Charakter gerade mit euch quasselt, er klingt einfach passend und witzig. Allen voran natürlich Manny, der mit seinem herrlich spanischen Akzent das „R“ wunderbar Rrrrollt. In der deutschen Fassung klingt das Adventure sogar noch einen Ticken besser, aber so oder so, die Sprecher überzeugen damals wie heute.
Ein paar kurze Worte möchte ich noch zum Bonusinhalt abgeben, welchen die Remasterd-Version mitbringt. Allein schon die Tatsache das sich Double Fine die Mühe gemacht hat einige Blicke hinter die Kulissen zu integrieren, finde ich Klasse. So könnt ihr per Knopfdruck nicht nur zwischen der Remastered- und der Original-Fassung wechseln, auch Entwickler-Kommentare können während des spielens hinzugeschaltet werden. Eine sehr coole Idee um zu verstehen, warum dieses oder jenes Rätsel genauso funktioniert, wie es funktioniert.
Fazit:
Ist Grim Fandango ein wenig altbacken und störrisch? Nun, ja ganz bestimmt, allerdings macht das dem Klassiker kein wenig schlechter. Sicher, die Anpassungen hätten etwas deutlicher seitens Double Fine sein dürfen und auch ein paar kleinere Features hätten der Remastered-Version gut getan. Jedoch ist Grim Fandango wie ein guter alter Whiskey aus dem Keller (Um es mit einem typischen Getränk für Gangster-Storys zu Beschreiben), die Flasche ist zwar staubig und geht ziemlich schwer auf, aber der edle Tropfen darin ist richtig stark. Somit hat sich Grim Fandango bis heute sehr gut gehalten und ist sowohl älteren Fans von Adventures als auch Neulingen, die keine Scheu vor knackigen Rätseln haben, uneingeschränkt zu empfehlen. Mit Grim Fandango holt man nämlich ein Stück Videospielgeschichte nachhause.