Mass Effect 3 – Review
Der dritte Teil der Mass Effect-Trilogie wurde von vielen Fans der Serie mit höchster Spannung erwartet, stellt es doch den Abschluss einer grandiosen und erzählerisch sehr dichten Spielereihe dar. Auch im Marketing zimperte der Publisher Electronics Arts nicht. Zahlreiche aufwendige Trailer für Internet, TV und Kino wurden produziert. Kann dieser Teil diesen hohen Erwartungen nun gerecht werden oder stellt dieser eher eine Enttäuschung dar?
Titel: Mass Effect 3
Plattform: PC, PS3, Xbox 360
Entwickler: BioWare
Publisher: Electronic Arts
Genre: Rollenspiel
USK/PEGI: –
Spieler: –
Release: 08.03.2012
Die Reaper greifen an
Widmen wir uns zuerst der Story des Spiels. Aber keine Angst. Dieser Test wird komplett spoilerfrei sein und es wird nicht mehr verraten, was nicht schon aus Trailern oder aus der Demo bekannt ist. Teil drei knüpft direkt nach den Ereignissen aus Teil 2 an. Nachdem Commander Shepard die Kollektoren besiegt hatte, verließen die Reaper den Orkusnebel und nahmen Kurs auf unsere Galaxie, mit dem anfänglichen Primärziel „Erde“, war es doch Shepard als Mensch, der die fiesen Maschinen schon zwei Mal aufgehalten hatte. Vom Dienst suspendiert muss Shepard nun ansehen, wie die Reaper aus dem Nichts auftauchen, die Sicherheitsmaßnahmen der Allianz ohne Hindernisse durchbrechen und daraufhin auf der Erde für Chaos und Zerstörung sorgen.
Schnell wird ihm klar, dass die Menschen die Reaper nicht alleine aufhalten können. Die Menschheit braucht die Unterstützung aller Völker der Galaxie, um wenigstens eine kleine Chance gegenüber den Angreifern zu haben. Und wer kann dies nicht besser, als Commander Shepard selbst? So quält man sich durch ein kleines Tutorial, welches die grundlegende Steuerung erklärt, aber für Serien-Veteranen natürlich relativ langweilig wirkt, um daraufhin wieder an unserer vertrauten Heimat, der Normandy, zu sein.
War der Anfang noch relativ actionlastig und ließ kaum Zeit für Gespräche und Entscheidungen, so wirken das Gameplay, die Story und die Gespräche, gleich nachdem man die Erde verlassen hat wieder vertraut und Mass Effect-typisch. Tiefgründige Gespräche vor allem mit den Teammitgliedern, grandios erzählte Story mit sehr gelungenen Zwischensequenzen, viele Wendepunkte innerhalb der Story, die einen stutzig und nachdenklich machen, viele traurige Szenen, indem z.B. Teammitglieder sterben und natürlich die immense Entscheidungsfreiheit, welche über den weiteren Verlauf der Story entscheiden. Waren schon in Teil 2 die Tode der Teammitglieder ziemlich emotional, sind sie es in diesem Teil noch mehr, da dir deine Begleiter noch längere Zeit gefolgt sind und sie dir deshalb noch mehr ans Herz gewachsen sind. Aber es gibt noch eine Parallele zum zweiten Teil. Ob oder wer überhaupt stirbt, hat man selbst in der Hand. So sind es die eigenen Entscheidungen, welche dazu beitragen, ob nun dieser Begleiter das Zeitliche segnet oder nicht. Aber nicht nur über Teammitglieder, sondern auch über die Existenz ganzer Völker kann man in diesem Teil entscheiden. Allerdings geschieht dies zum Glück nicht so offensichtlich, sondern ist eine Verkettung von Entscheidungen, die man im Vorhinein getroffen hat. So wollte ich z.B. dieses Volk unbedingt retten, habe aber die falschen Entscheidungen getroffen, sodass dieses dann unterging.
Sammle allen und jeden, wie nur irgendwie möglich
Dies war natürlich für meine Kriegsbemühungen nicht gerade vorteilhaft, muss ich doch möglichst versuchen, aus jedem kleinsten Winkel der Galaxie Truppen für einen letzten Vorstoß zu mobilisieren. Und dies genau ist das primäre Ziel in Mass Effect 3, so viele, wie nur irgendwie möglich auf meine Seite zu ziehen. Dies geht natürlich nicht ohne Gegenleistung und somit muss ich vielen Völkern erst bei ihren Problemen helfen, um deren Unterstützung zu erlangen. Und genau dies macht BioWare in Mass Effect 3 ziemlich genial, die Verknüpfung der kleinsten (Neben-)Missionen mit der Haupthandlung. Denn warum irgendeinen General von einem Planeten retten, wenn gerade die Galaxie von den Reapern angegriffen wird? Aber genau diesen brauchen wir, da sonst seine Truppen sich uns nicht anschließen und wir damit wichtige Kriegsaktivposten für einen letzten Angriff verloren haben. Und auch endlich hat man die nötige Motivation, alle Nebenmissionen zu machen. So absolvierte ich z.B. im ersten Teil gerade einmal 2-3 Nebenmissionen; in Teil 2 ungefähr die Hälfte und in diesem Teil alle verfügbaren. Denn für jede erfüllte Nebenmission gibt es wertvolle zusätzliche Truppen, Techs oder Technologien, die einem beim Kampf gegen die Reaper entscheidend helfen.
Visuell kann man die Truppen übrigens im neuen sogenannten Kriegsterminal sehen, mit vielen Informationen rund um diese Einheiten und eine Übersicht über die Erfolgschance der aktuellen Armada.
Das Gameplay – Vertraut und verbessert
Im ganzen Gerede über die Story, Charaktere und Entscheidungen im Spiel, vergisst man schnell das eigentliche Gameplay, welches einen ziemlich großen Teil des Spiel ausmacht. Denn in knapp 40% des Spiels ballert man eben, anstatt Ashley zu sagen, dass man sie liebt. Zugegeben die Ballerei war noch nie eine Stärke von Mass Effect, da diese sehr schnell zum dauernden und stupiden Draufballern verkam. Vor allem im ersten Teil, hielt man einfach drauf, ging wieder in Deckung, um die Waffe abkühlen zu lassen und schoss danach wieder weiter. Dies ist im dritten Teil zum Glück nicht mehr so eintönig. So gibt es eine größere Auswahl an Waffen, die alle anders funktionieren und eine andere Taktik erfordern. So kann man mit einem 100-Schuss Vollautomatik-Sturmgewehr natürlich viel länger aus der Deckung heraus bleiben, als mit einer 6-8-Schuss Pistole, die man dauernd nachladen muss, aber natürlich viel präziser ist. Neu dabei sind auch die Nahkampfattacken, bei denen man jetzt nicht nur zuschlagen kann, sondern auch mit seinem Universalwerkzeug dem Gegner eine Spitze in den Bauch rammen kann. Eigentlich eine gute Idee, aber sehr oft erscheint diese Attacke als zu stark, vor allem bei nicht gepanzerten Gegnern, welche dann nach einer Attacke schon tot sind. Dies funktioniert übrigens auch aus der Deckung heraus, wenn der Gegner nahe an dieser steht. Einfach packen, herüberziehen und mit dem Universalwerkzeug ihm den Todesstoß versetzen.
Neu dabei sind auch die gelegentlichen „Moorhuhn-Passagen“, bei denen man an einem stationären MG steht und alle Gegner, die auf einen zukommen niederballert. Dies wirkt an manchen Stellen ziemlich stupide und nervt nach einer Weile auch. Allerdings sind diese zum Glück nicht so oft anzutreffen. Apropos Gegner: Dort legte BioWare auch noch eine Schippe drauf. Denn nun gibt es eine Vielzahl an neuen Gegnertypen, alles ehemalige Galaxiebewohner, welche von den Reapern zu Kampfmaschinen umgewandelt wurden. Da hat man danach für die Husks, nur noch ein müdes Lächeln übrig, vor allem nachdem man Bekanntschaft mit den sogenannten „Rohlingen“ gemacht hat, eine Mischung aus Kroganern und Turianern. Da kann man echt nur „Gute Nacht“ sagen.
Die Technik – Atmosphärischer Sound, aber veraltete Grafik
Kommen wir nun zur technischen Seite des Spiels. Sound-mäßig kann man dem Game wirklich nichts vorwerfen. Gelungene und atmosphärische Hintergrundgeräusche, ein sehr guter Soundtrack und eine gute deutsche Synchronisation. Wäre da nicht die Grafik, die für heutige Maßstäbe leider nicht mehr zeitgemäß ist. Mass Effect 3 nutzt nämlich immer noch die Grafikengine aus dem ersten Teil, welcher 2007 bzw. 2008 erschien. Somit sehen natürlich die Texturen und vor allem der Hintergrund sehr trist aus. Da nützt es nichts, dass die PC-Fassung des Spiels exklusiv High-Resolution-Texturen verpasst bekommen hat, dies merkt man innerhalb des Spiels kaum. Allerdings weiß BioWare die technischen Mängel gut zu kaschieren. So fallen diese an vielen Passagen des Spiels gar nicht auf, da diese durch die vielen Licht- oder Kampfeffekte verborgen bleiben. Somit schaut das Spiel nicht schlecht aus, ist aber nicht zu vergleichen mit anderen aktuellen Titeln wie z.B. Battlefield 3 oder Crysis 2.
Dafür gibt es aber im Leveldesign sehr viel Abwechslung. So kämpfen wir in den verschiedensten Welten, einmal in einer eisigen und stürmischen Umgebung, das andere Mal in einer grünen und einladenden Landschaft, ja sogar dürfen wir uns einmal selbst in ein Serversystem hacken, um dort Reaperverbindungen zu durchtrennen. Dies ist sehr cool gemacht und bringt eine Menge Abwechslung in das Spielgeschehen.
Einen Multiplayer bietet das Spiel zwar auch, dieser ist aber sehr eintönig und kaum der Rede Wert. Für Zwischendurch mit Freunden kann dieser aber durchaus spaßig sein.
Die DLC-Problematik „From Ashes“
Aber wie fast bei jedem BioWare-Spiel, gibt es auch in Mass Effect 3 wieder viele Diskussionen rund um die DLCs. So wurde zeitgleich zum Release des Spiels ein DLC namens „From Ashes“ veröffentlicht, welcher ein Protheaner als Gruppenmitglied hinzufügt und das Spiel um eine Mission erweitert. Diese ist auch gut gelungen und gibt viele Einblicke in das Leben der Protheaner und ihre Erfahrungen mit den Reapern, beantwortet aber so viele Fragen rund um die Protheaner, sodass auch berechtigt Kritik laut wurde, dass man dieses Feature aus dem fertigen Spiel einfach herausgeschnitten hat, um es dann pünktlich zum Release für 7 Euro zu verkaufen. Der Entwickler verneinte diese Aussage natürlich, sollte sich aber nicht wundern, dass solch eine Kritik aufgrund so eines Day One-DLCs aufkommt. So sollte man nicht mit dem Spiel umgehen, das haben die treuen Fans nicht verdient.
Es hätte so perfekt sein können…..
Bis zu diesem Punkt scheint das Spiel ja ein mehr als nur gelungener Abschluss der Trilogie zu sein, welcher neben den Schwächen bei der Grafik und vielleicht der DLC-Problematik eigentlich keinen größeren Kritikpunkt zu verzeichnen hat. So wäre die wahrscheinliche Wertung um die 88% ausgefallen, wären da nicht die letzten 15-20 Minuten des Spiels, die das alles zunichte machen. Am Anfang habe ich mich gewundert, warum alle so aufgeregt um das Ende sind und habe dies teilweise als Übertreibung von Hardcore-Fans empfunden. Aber zum jetzigen Zeitpunkt, bei dem ich das Ende nun auch endlich selbst gespielt habe, konnte ich diese Aufregung mehr als nur verstehen. Das Ende ist einfach nur schlecht und ein Schlag ins Genick jedes Mass Effect-Fans.
[SPOILER-BEGINN]
Nämlich jegliche Entscheidungen, die man während des 3. Teils getroffen hat, jede Truppe, die man für den Kampf mobilisieren konnte, haben allesamt keine Auswirkungen auf das Ende. Es ist im Grunde auch egal, ob man das ganze Spiel lang nur vorbildlich oder abtrünnig handelt oder ob man die Minimal- oder Maximalausbeute an Truppen mobilisiert, man hat am Ende nur 3 Möglichkeiten für ein Ende, welche sich aber nur um wenige Details unterscheiden. Insgesamt sollen es laut Entwickler 16 verschiedene Enden geben. Diese unterscheiden sich aber wiederum nur minimal. Und dass alle Massenportale zerstört werden und Joker mit der Normandy auf irgendeinen fremden Planeten landet, ist doch mehr als nur unbefriedigend.
[SPOILER-ENDE]
So kann ich es mehr als gut verstehen, dass viele Fans ein neues Ende per kostenlosen DLC fordern, denn solch einen unbefriedigenden Abschluss hat die Serie nun wirklich nicht verdient.
Fazit:
Mass Effect 3 ist insgesamt betrachtet ein rundum gelungener Abschluss der Trilogie geworden, mit einer grandiosen Story, liebevollen Charakteren, gewaltiger Entscheidungsfreiheit und einem nochmals verbesserten Gameplay. Nur die Grafik wirkt ein bisschen veraltet, wird aber durch Licht- und Schatteneffekte gut kaschiert. Das einzig richtig Ärgerliche ist das Ende, denn zu 98% der rund 30-35 stündigen Spielzeit macht das Spiel alles richtig, aber genau am Ende versagt es. Jeder Grundschüler könnte bessere Enden zum Spiel finden, der Entwickler entschied sich aber für ein unbefriedigendes Ende, welches angeblich zum Nachdenken anregen soll. Und dies ging mit dieser Community mächtig in die Hose.